Facts
PhDr. Henning Ahlert
01.07, 2024
Consulting
8 Min
Bedeutung von KPI zwischen menschlichem und automatisiertem Service
In diesem Artikel soll ein Beitrag zur Entwicklung und zur künftigen Relevanz unterschiedlicher Key Performance Indicator (KPI) im Rahmen der Transformation durch zunehmende Künstliche Intelligenz (KI) im Kundenservice geleistet werden. Es wird dargestellt und begründet, welche KPI sowohl für den persönlichen Support durch Kundenberater als auch für den automatisierten Support mit KI-Unterstützung als relevant angesehen werden.
Im Folgenden werden mit der Geschwindigkeit und der Dauer der Bearbeitung zwei quantitative KPI-Bereiche beschrieben sowie mit der (Sofort-)lösung und der Kundenzufriedenheit zwei qualitative KPI-Bereiche dargestellt.
Die Geschwindigkeit, mit der Anliegen von Kunden eine Bearbeitung erfahren, kann durch den KPI Average Speed of Answer (ASA) im persönlichen Support gut gemessen werden. Im telefonischen Support ist es die Zeit, bis ein Kundenberater einen Anruf eines Kunden entgegennimmt, eine Antwort auf eine E-Mail des Kunden oder eine Reaktion auf einen durch den Kunden gestarteten persönlichen Chat erfolgt. Dabei spielt der Kanal eine wesentliche Rolle bezüglich der Erwartungshaltung von Kunden an die Antwortgeschwindigkeit. Während aus Kundensicht die Erwartungshaltung an synchrone Kanäle wie Telefon oder Chat eine geringe ASA voraussetzt, ist die Toleranz der Kunden bezüglich der ASA bei einem asynchronen Kanal, wie E-Mail, höher. Im automatisierten Support, zunehmend implementiert mit KI-Unterstützung über einen Chatbot oder über einen Conversational Bot, erhält der Kunde umgehend eine Antwort vom System. Kunden erwarten das auch, wenn ein Bot 24/7-Erreichbarkeit anbietet. Kunden werden schnell lernen, dass automatisierter Kundenservice die geringste ASA hat und sie schnell zu einer Antwort kommen, vor allem, wenn die Erfahrung mit der inhaltlichen Qualität der Antworten in der Vergangenheit positiv war. Wenn ein Bot ein Anliegen des Kunden nicht löst, und der Anruf oder der Chat durch einen Mitarbeiter übernommen werden muss, oder ein Ticket zur weiteren Bearbeitung durch einen Mitarbeiter erzeugt wird, kommt erneut die eingangs beschriebene ASA des persönlichen Supportes zum Tragen. Die ASA ist und bleibt im persönlichen Support wichtig, vor allem durch die Erwartungshaltung der Kunden an eine hohe ASA im automatisierten Support, die die Erwartungshaltung für andere Kanäle, gerade bei einer Nichtlösbarkeit in der Automatisierung, beeinflusst.
Die Dauer der Bearbeitung wird traditionell im persönlichen Support zur Messung der internen Effizienz und Mitarbeiterproduktivität herangezogen. Dort ist es die Average Handling Time, die die Dauer der Bearbeitung eines Anliegens bemisst. Sie kann in Anrufen in Talk Time (TT) und After Call Work (ACW) weiter heruntergebrochen werden, während es im persönlichen Chat oder der E-Mail-Bearbeitung die Bearbeitungszeit des Vorgangs ist. Durch KI wird sich die AHT auch künftig weiter beeinflussen lassen, z.B. die TT durch generierte Antwort- und Lösungsvorschläge für den Kundenberater oder durch erzeugte Gesprächszusammenfassungen. Auch die ACW wird sich durch KI beeinflussen lassen, wie durch Roboterisierung von auszuführenden Arbeitsschritten im Nachgang zu einem Anruf. Vergleichbares gilt für persönliche Chats oder die E-Mail-Bearbeitung. Im automatisierten Support wird zunehmend die Incident Handling Time (IHT) gemessen werden, die ähnlich der AHT beim persönlichen Support die Effizienz und Produktivität der eingesetzten KI in der Anliegenbearbeitung und -lösung beurteilt. Durch die kontinuierliche Verbesserung und das Training der KI wird sich auch die IHT über Zeit durch intelligentes Management im Kundenservice optimieren lassen.
Bei den qualitativen KPI wird im persönlichen wie auch im automatisierten Support die First Contact Resolution Rate eine wichtige Rolle für die Messung der Güte des ersten Kontaktes haben, egal über welchen Kanal das Anliegen eingeht. Das mündet in der entscheidenden Frage (am besten an den Kunden), ob das Anliegen des Kunden gelöst ist oder eben nicht. Sowohl bei der persönlichen Bearbeitung als auch bei der automatisierten wird der Fokus auf dem Residualvolumen liegen, den eben nicht sofort gelösten Kontakten, um daraus zu lernen und durch Verbesserung und Training (egal ob von Menschen oder der KI) die Lösungsquote zu erhöhen. In diesem Zusammenhang wird gerade im automatisierten Support die Human Agent Interaction Rate (HAIR) zu beobachten sein, die den Anteil der nicht in der Automatisierung lösbaren Anliegen, der an die Kundenberater zur Lösung weitergeleitet werden muss, beziffert. Gerade diese, durch einen Menschen zu übernehmenden Fälle, müssen neben der quantitativen Beachtung durch die ASA auch die qualitative Beachtung in der finalen Bearbeitung genießen, um sie als Anliegen endgültig für den Kunden zu lösen (und Wissen für eine Optimierung der KI für eine Verbesserung der FCR und eine Reduzierung der HAIR zu generieren).
Als weiterer qualitativer KPI eignet sich die Kundenzufriedenheit, um die Zufriedenheit mit dem Service zu messen, egal ob über persönlichen oder automatisierten Support. Und hier spielt die Art der Messmethode eher eine untergeordnete Rolle, mit der gemessen wird. Transaktionaler NPS, CSAT oder Customer Effort Score (CES) können verwendet werden, entscheidend ist, dass die Zufriedenheit der Kunden mit dem Service dort gemessen wird, wo sie passiert, also in der persönlichen, der automatisierten oder der hybriden Bearbeitung als Zusammenspiel von Maschine und Mensch, um bei einer schlechten Bewertung den Ursachen auf die Spur zu kommen und diese abzustellen.
Natürlich gibt es weitere KPI, die sich bei der Festlegung auf automatisierte Bearbeitung betrachten lassen – so wie es auch in der persönlichen Bearbeitung unzählige KPI gibt. Bei einem Bot lassen sich z.B. die Fehlerrate, die Richtigkeitsrate oder die Abbruchrate messen oder auch die Transaktionen pro Sekunde, um die maximale Kapazität gleichzeitig bearbeitbarer Kontakte durch die AI in Chat oder Voice zu beobachten. Allerdings sollte auch hier genauestens überlegt werden, welche KPI wirklich benötigt werden, um eine Lehre aus der KPI-Flut, die viele Verantwortliche aus Serviceorganisationen aus dem Berichtswesen des persönlichen Supportes kennen, zu ziehen.
Zusammenfassend zeigt sich, dass es einige elementare KPI gibt, die es in einer Welt der Koexistenz von persönlichem und automatisiertem Kundenservice zu beachten gilt, um den Kunden, egal über welchen Kanal, schnell und einfach mit einer Lösung zu dessen Anliegen zu versorgen.
Über LinkedIn haben wir Meinungen zu weiteren, aus Sicht von Lesern relevanten, KPI abgefragt. Zusätzlich wurden die „Erreichbarkeit/Abbruchquote“ genannt. Zudem wurde die Gesamtdauer der Anliegenlösung (gemessen vom Beginn des Telefonats bis zum Abschluss – von der ersten Ansage bis zur Verabschiedung durch eine KI oder einen Agenten) angeführt, um durch die Möglichkeiten des Einsatzes von KI im telefonischen Kundenkontakt in Bezug auf Anliegenidentifizierung, Kundenauthentifizierung und ggf. Anliegenlösungsversuche vor der Interaktion mit einem Agenten auch diese völlig neu gestalteten automatisierten Dialoge in der Lösungszeit als Gesamtdauer zu berücksichtigen.
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